Der Begriff "abgängig" bezeichnet das allmähliche Absterben eines Baumes über einen längeren Zeitraum. Das Spektrum der Ursachen ist sehr vielfältig. Von Schädlingsbefall über Krankheiten, Immissionsschäden, Klima, Standortproblemen und dem normalen Alterungsprozess kann die Abgängigkeit ausgelöst werden.
Ahornblättrige Platane
Platanus x hispanica Münchh.
Das Foto zeigt unterschiedlich abgängige Kronen von der Ahornblättrigen Platane.
Verursacht durch die Marssaria-Krankheit.
Mit der Alterung und dem Höhenwachstum des Baums entwickelt sich die Stammform des Baumes dergestalt, dass der untere Stammteil in Bodennähe an Dicke zunimmt und der obere, die Krone tragende Stamm, sich konisch verjüngt. Die formgebenden Ursachen sind einerseits das Dickenwachstum, bedingt durch die Anlagerung von Jahresringen und anderseits, durch die mechanische Belastung der Krone aufgrund von Windeinwirkung. Daraus entwickelt sich eine optimierte, abholzige Stammform, die, je freier ein Baum steht, desto abholziger und ausgeprägter wird.
Blut-Buche
Fagus sylvatica "Atropunicea"
Mit dem zunehmenden Wachstum und der Alterung eines Baumes kommt es in den unteren Ast-Partien zu einer starken Beschattung. Die dadurch eingeschränkte Assimilation führt zu einem Absterben der Äste. Dieses Absterben wird von dem Baum dahingehend vorbereitet, dass an der Ast-Basis ein sogenannter Abschieds-Kragen ausgebildet wird. Mit dieser Veränderung des Durchmessers, vom Abschieds-Kragen auf den Ast entsteht, eine Sollbruchstelle. An dieser Stelle entwickelt sich durch verstärkte Kallusbildung ein Wundverschluß.
Stieleiche
Quercus robur L.
Mehrere Abschiedskragen in unterschiedlicher Ausprägung an Stieleiche. Die Abschottung kann über mehrere Jahre andauern.
Stieleiche
Quercus robur L.
Astabbruch an der, durch den Abschiedskragen entstandenen Sollbruchstelle.
Stieleiche
Quercus robur L.
Abschiedskragen und Aststummel eines ehemaligen Starkastes an einer, mehrere hundert Jahre alten Stieleiche.
Bei Hitze-, und Trockenstress, sowie Lichtmangel werfen Weiden, Pappeln und Eichen, junge, ein- bis vierjährige Triebe mit den Blättern ab. Bei diesem Abwerfen von belaubten, uneffizienten Seitenzweigen, handelt es sich um einen effektiven Schutzmechanismus. Mit dem Verlust dieser belaubten Triebstücke wird die Verdunstungs-Fläche der Blattflächen reduziert. Die Ausbildung einer verkorkenden Trennungszone fördert dabei das Ablösen des Trieb-Stückes von den älteren Zweigen.
Kanadische Pappel; Hybrid-Schwarz-Pappel
Populus x canadensis Moench.
Absprung mit der verkorkten Trennungszone.
Sofern Absprünge von Weiden und Pappeln auf optimale, feuchte Böden gelangen, sind sie in der Lage sich neu zu bewurzeln und führen so zu einer weiteren Ausbreitung.
Der Begriff Adventivwurzeln leitet sich aus dem lat. advenire = hinzukommen ab. Darunter versteht man die Eigenschaft von Pflanzen aufgrund äußerer Einwirkungen, wie z. B. Verletzungen oder veränderten Standortbedingungen mit der Neubildung von Wurzeln, außerhalb der normalen Entstehungsweise zu reagieren. Diese neu hinzugekommenen Adventivwurzeln, auch "Sprossbürtige Wurzeln" genannt, entwickeln sich aus Kambium- oder Kalluszellen.
Silberweide
Salix alba L.
Bildung von Adventivwurzeln aufgrund von Überflutung an Weidentrieben. Die neu gebildeten Wurzeln sichern durch eine große Anpassungsfähigkeit die Sauerstoffversorgung und damit das Überleben.
Durch das Absterben, Abbrechen oder auch Abschneiden von Ästen entstehen in Folge der Wundüberwallung bei glattrindigen Bäumen (Birke, Rotbuche) sehr markante Astnarben. Je nach Ausprägung und Form lässt sich daraus viel aus der Lebensgeschichte der Bäume ablesen. Die von der Mitte der Narbe abwärts laufenden Rindenstrukturen werden in der Fachsprache der Dendrologen und Forstleute als Chinesenbärte bezeichnet
Sand-Birke
Betula pendula Roth.
Anhand des Neigungswinkel lässt sich der Zeitpunkt des Ast-Verlustes annähernd bestimmen. Bei flachem Winkel an der Astnarbe liegt das Ereignis des Verlustes schon mehrere Jahre zurück. Bei steilem Winkel ist der Zeitpunkt des Verlustes noch nicht so lange her.
Sumpfzypressen, welche an ihren Naturstandorten, in den Swamps von Florida, langen Perioden von Überflutungen ausgesetzt sind, haben Schwierigkeiten mit der Sauerstoffversorgung und der Standsicherheit. Dieses Problem lösen sie mit der Ausbildung von Atemknien und weit streichenden Wurzeln. Diese, in der Fachsprache auch Pneumatophoren benannten Atemwurzeln, wachsen negativ geotropisch und besitzen ein reich entwickeltes Durchlüftungsgewebe.
Zweizeilige Sumpfzypresse
Taxodium distichum (L.) Rich.,
Sumpfzypressen mit Atemwurzeln, den wechselnden Wasserständen im Uferbereich angepasst. Sumpfzypressen sind in der Lage 30 bis 40 Meter im Umkreis den Bodenbereich intensiv zu durchwurzeln. Dadurch erlangen sie im feuchten und unsicheren Bodenbereich eine höhere Standfestigkeit.
Am Heimatstandort in Nordamerika können bei alten Sumpfzypressen Atemknie bis zu einer Höhe von über einen Meter wachsen. Diese sind oftmals hohl und werden u.a. gerne als Natur-Bienenstöcke verwendet. Das Holz ist aufgrund des lumenreichen Zell- und Durchlüftungsgewebes extrem leicht.
Maßgebliche Faktoren für den Austrieb im Frühjahr. sind die Zunahme des Tages-Lichtes und die steigenden Temperaturen. Je nach Baumart beginnt dann früher oder später das Schwellen der Knospen. Nach Abwurf der Knospen-Schuppen folgen die Entfaltung der Blätter sowie die Ausbildung und Verlängerung junger Triebe. Früh austreibende Bäume wie Ahorn, Birke, Weide, Hainbuche laufen Gefahr durch Spät-Fröste geschädigt zu werden.
Sommer-Linde
Tilia platyphyllos Scop.,
Starker Austrieb von einjährigen, jungen Trieben, an der Stammbasis einer Sommer-Linde.
Beulenbildung kann die verschiedensten Ursachen haben. Oftmals sind es biomechanische Gründe, wobei der Baum einen inneren Stammdefekt (Faulstellen, Höhlung) durch verstärktes Zellwachstum beheben will. Häufig sind es aber auch Mikroorganismen, wie Viren, Pilze und Bakterien, die ein verstärktes Wachstum und somit Beulen hervorrufen.
Stiel-Eiche
Quercus robur L.
Diese, den Stamm umlaufenden Beulen gehen auf ein lokales Holzversagen, dem Faserstauchen, zurück. Es entstehen so genannte Wulstholzringe.
Im Herbst entwickelt sich zwischen Blattgrund (Stiel) und Zweig eine Trennungszone, welche nach dem Blattfall als glatte Narbe sichtbar wird. In dieser Narbe befinden sich punkt- oder strichförmig ausgeprägte Narben der Leitelemente, die sogenannten Blattspuren. Aufgrund ihrer arttypischen Unterschiede werden diese mit zur Bestimmung von Bäumen im winterlichen Zustand verwendet.
Drüsiger Götterbaum
Ailanthus altissima (Mill.) Swingle
Blattnarben des Drüsigen Götterbaumes zählen mit zu den größten Narben an Laubgehölzen. Zumeist sind sie dreieckig bis hufeisenförmig ausgeprägt. Blattspuren sind im Gegensatz zu anderen Gehölzen nur schwach erkennbar.
Bäume erleiden bei Blitzeinschlägen mechanische und physiologische Schäden. Blitzrinnen sind die markantesten Schadbilder an Bäumen. Sie laufen von der Krone abwärts den Stamm hinunter, wobei je nach Blitzstärke und der Saftführung des Baumes die Rinde mehr oder weniger stark aufreißt. Es kann aber auch zur vollständigen Zersplitterung des Baumes kommen. In Folgejahren versucht der Baum mit Überwallung die Wunde zu verschließen. Je nach Baumart und Standort sind Bäume unterschiedlich stark oder weniger stark gefährdet. Stark gefährdet sind z.B.: Eichen, Pappeln, Eschen und Silberweiden. Weniger gefährdet sind glattrindige Baumarten wie: Buche, Hainbuche Rosskastanie, Ahorn und Birke. Der Blitz läuft an der glatten Rinde leichter ab.
Kanadische Pappel; Hybrid-Schwarzpappel
Populus x canadensis Moench
Blitzrinne vom Kronenbereich bis zum Wurzelanlauf. Der Baum stand in einer Reihe mit mehreren Pappeln entlang eines Bachlaufes.
Mit steigenden Temperaturen geraten im zeitigen Frühjahr Bäume unter dem sogenannten Saft-Druck. Dieser Frühjahrs-Saft wird durch den Wurzel- und Stamm-Druck mit bis zu 2 bar in Stamm, Äste und Zweige gedrückt. Der Saft ist süßlich, leicht trübe und enthält eine relativ hohe Zuckerkonzentration, organische Säuren, Vitamine und anorganische Substanzen. Bei Verletzungen im Stamm-, Ast- oder Zweig-Bereich tritt dieser Saft aus den Wunden und es kommt zum länger anhaltenden Bluten. Es sind vorwiegend Ahorn, Birke und Hainbuche, welche sehr schnell und intensiv bei Verletzungen bluten. Ahorn- und Birkensaft werden technisch genutzt so zum Beispiel: zur Gewinnung von Ahornsirup oder Birkenwasser. Das Bluten endet mit dem Austrieb der Blätter.
Sand-Birke
Betula pendula Roth
Nach Kappung stark blutender Birken-Stamm
Spitz-Ahorn
Acer platanoides l.
Gefrorener Blutungs-Saft nach einem zu spät erfolgten Baumschnitt. Der Spitz-Ahorn stand schon unter starkem Saft-Druck und der austretende Frühjahrs-Saft ist dann trotz Zuckerkonzentration bei einem Nachtfrost gefroren. Bei Baum- und Gehölz-Schnitt sollte die Baum-Art und der Termin der Schnitt-Maßnahme eine größere Beachtung finden.
Manche Baum-Arten, welche auf feuchten und nassen Standorten wachsen (z. B.: Erlen, Ulmen) bilden im Bereich des Wurzelanlaufs sogenannte Brettwurzeln aus. Diese dienen der Verbesserung der Standfestigkeit auf einem instabilen Untergrund. Oftmals befinden sich auch Brettwurzeln auf der Windseite des Baumes. Der Baum reagiert auf den ständigen Winddruck mit einer verstärkten Ausbildung des Wurzelanlaufs auf der dem Wind zugewandten Seite.
Säulen-Schwarzpappel
Populus nigra ´Italica´ L.
Stark ausgeprägte Brettwurzeln auf der Windseite des Baumes.
Bäume entwickeln sich in der Jugend aus dem Wurzelbereich heraus, mitunter stark mehrtriebig. Im Laufe des weiteren Wachstums entstehen aus den anfangs dünnen Trieben starke Stämme, bzw. es entsteht ein ganzes Bündel von Stämmen. Mit zunehmender Alterung wird der Platz im Kronenbereich immer geringer und sie wachsen extrem auseinander. Aufgrund der einseitigen Wurzelbildung entsteht hier die große Gefahr des Auseinanderbrechens. Als ernst zu nehmendes Warnzeichen sind bei den schief stehenden Stämmen auf der Unterseite Stauchungen an der Rinde erkennbar.
Silber-Ahorn
Acer saccharinum L.
Ginkgos sind in der Lage an Stämmen oder den Unterseiten der Äste, Stalaktiten ähnliche Auswüchse, die sogenannten Chi Chi (Lignotuber) hervorzubringen. Der Begriff Chi Chi kommt aus dem Chinesischen und bedeutet so viel wie Zitze oder Brust. Es waren diese an Frauen-Brüste erinnernden Zitzen, welche den Ginkgo zu einem Symbol-Baum der Fruchtbarkeit werden ließ. In Japan sind solche Bäume Wallfahrtsorte, an welchen junge Frauen Kindersegen erbitten. Die Entstehung dieser Auswüchse ist noch nicht ganz geklärt. Man vermutet das diese Auswüchse durch Stress oder Verletzungen initiiert werden. Auch genetisch bedingte Ursachen sind denkbar und werden erforscht.
Zu unterscheiden sind: die Aerial-Chi Chi und Basal-Chi Chi. Wobei die Letztgenannten im Wurzelraum alter Ginkgo-Bäume entstehen und wie Stalakmiten positiv geotrop nach oben wachsen. Aus diesen können sich Adventivwurzeln und schließlich Sekundärstämme entwickeln.
Ginkgo-Baum
Ginkgo biloba L
Entstehung von Aerial-Chi Chi
im Stammbereich
Trompetenbaum
Catalpa bignonioides Walt.
Sand-Birke
Betula pendula Roth
Stiel-Eiche
Quercus robur L.