Tilia cordata MILL.
Tilia parvifolia EHRH.
Tilia ulmifolia SCOP.
Tilia micropphylla VENT.
Tilia europaea L.
Winter-Linde
Stein-Linde
Kleinblättrige Linde
Wald-Linde
Spät-Linde
Engl.: Small-leaved lime, Little-leaf linden
Franz.: Tilleul á petites feuilles
Tilia
römischer Name der Linde
cordata
Ableitung aus dem lat. von cor. =Herz, cordis = des Herzens; das herzförmige Blatt betreffend
Linde
Der im heutigen Sprachgebrauch übliche Name „Linde“ hat seinen Ursprung im Mittelhochdeutschen und Mittelniederländischen und wurde abgeleitet vom: althochdeutschen „linta“, dem angelsächsischen und altnordischen „lind“, dem gemein- germanischen Namen für diesen Baum. Wobei „lind“ weich, biegsam und geschmeidig bedeutet und sich wohl auf den Linden-Bast bezieht. In seinem Buch Neuw Kreuterbuch…von 1573 führt Adamo Lonicero den Namen Linde auf Lindigkeit zurück, was vom Ursprung her wohl auch auf Schmiegsamkeit schließen lässt.
Malvaceae, Malvengewächse (Früher Tiliaceae, Lindengewächse)
Tilioideae, Lindengewächse
Die Unterfamilie der Lindengewächse ist auf der nördlichen Hemisphäre im gemäßigten Klima beheimatet. Zu ihnen gehören die folgenden 3 Gattungen:
Craigia mit 2 Arten in China,
Mortoniodendron mit etwa 9 Arten in Mittelamerika
Linden (Tilia L.) mit etwa 28 Arten
Die Zahlenangaben zu den Gattungen und Arten weichen je nach Autor, Quelle, Publikation und Zeitraum der Veröffentlichung stark voneinander ab.
Tilia, L. Linden
Zur Gattung der Linden gehören in Mitteleuropa nur zwei Arten:
Tilia cordata Mill., Winter-Linde
Tilia platyphyllos Scop., Sommer-Linde.
In Europa kommen noch 2 Arten hinzu:
Tilia dasystyla, Steven, Kaukasische Linde (Kaukasus)
Tilia tomentosa, Moench., Silber-Linde (östl. M-Europa, Balkan, Türkei).
Da Linden häufig Bastarde bilden, ist ihre Art-Bestimmung nicht ganz einfach. So ist die Holländische Linde (Tilia x vulgaris) der natürliche Bastard der Sommer- und Winter-Linde und trägt mehr oder weniger ausgeprägt die Merkmale beider Eltern. Hinzu kommen noch kultivierte Arten, wie zum Beispiel die Krim-Linde (Tilia x euchlora) und die aus Südost-Europa und West-Asien stammende Silber-Linde (Tilia tomentosa).
Tilia cordata, Miller, Winter-Linde
Zur Art-Bestimmung der Winter-Linde benötigt man zum Vergleich und zur Abgrenzung auch die Merkmale der Sommer-Linde. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale sind die um zirka zwei Wochen unterschiedlichen Blüh-Termine, die Blüten, Früchte sowie die verschiedenen Blattgrößen beider Arten. Die Farben-Druck-Tafeln aus dem Jahre 1889 (Hempel, Wilhelm) sowie die Tabelle 1 zeigen eine differenziertere Gegenüberstellung der Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmale der Sommer- und Winter-Linde. Unter dem Abschnitt „BESCHREIBUNG“ finden sich dann noch genauere fotografische Gegenüberstellungen.
Gegenüberstellung der wichtigsten Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmale von Sommer- und Winterlinde |
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Merkmale |
Sommer-Linde |
Winter-Linde |
Blätter |
groß, meist 8 bis 12cm lang; rundlich bis schief herzförmig und kurz zugespitzt. Scharf und regelmäßig gesägt. Oberseite lebhaft grün; unterseits heller. Blattstiel und Blatt beidseitig samtig behaart, mit weißen Achsel-bärten in den Nervenwinkeln Blatt-Unterseite. |
klein, meist 4-7 cm lang; breit herzförmig, zugespitzt. Fein und scharf gesägt. Oberseite dunkelgrün; unterseits blaugrün und in den Nervenwinkeln rotbraune Achselbärte. Blattstiel und Blatt oberseits kahl. Blatt ledrig. |
Blütenstand |
meist 3-blütig (2-5) |
5-7-blütig (bis 11) |
Früchte |
Nüsschen mit 4-5 starken Rippen. Kapselschale deutlich kantig, dick, fast holzig, nicht zerdrückbar. |
Nüsschen entweder ganz ohne oder nur mit schwachen Längsrippen. Kapselschale leicht zerdrückbar |
Für Tilia cordata Mill. wurden im Jahre 2013 in einer Veröffentlichung* 80 gültige Sorten-Namen und 26 Synonyme, ungültige Namen bzw. Handelsmarken aufgelistet. Diese Sorten ohne Vergleichsmaterial zu unterscheiden und genau zu bestimmen ist nur ausgesprochenen Spezialisten möglich.
* JABLONSKI, E., PLIETZSCH, A., Kultivierte Linden II, in: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft Bd. 98, S. 89-110, 2013
Das Heimat-Areal der Linden, Winter-Linde wie Sommer-Linde, umfasst den größten Teil von, West-, Mittel- und Osteuropa bis West-Sibirien. Beide Arten waren schon vor den Eiszeiten in Europa heimisch.
In der Jugendphase, den ersten sieben bis acht Lebensjahren, entwickelt die Winter-Linde eine kräftige Pfahlwurzel. Mit zunehmendem Alter entstehen mehrere Hauptseitenwurzeln, welche die Dominanz der Pfahlwurzel auflösen. Sie sind meist kurz und gedrungen und zweigen sich frühzeitig auf. Weder horizontal noch vertikal erreichen diese Wurzeln größere Reichweiten. Aus den Hauptseitenwurzeln wachsen dann weitere Wurzeln, diese besitzen einen sehr hohen Feinwurzelanteil. Daraus entsteht ein unregelmäßiges Herzwurzelsystem. Je nach Alter und unter günstigen Standortverhältnissen sowie optimaler Bodenbeschaffenheit erreichen Winterlinden eine Durchwurzelungstiefe zwischen 0,40 m bis 1,30 m und erschließen somit einen relativ kleinen Bodenraum. Daraus resultiert eine erhöhte Gefährdung durch Windwurf. Im Inneren alter Linden entstehen in Morschungen und Höhlen Innwurzeln, welche den Baum zusätzlich mit Wasser und Nährstoffen versorgen.
Stämme von Winterlinden können im Aussehen in vielerlei Hinsicht sehr stark variieren. Die Durchmesser, auch als Brusthöhendurchmesser (BHD) bezeichnet, betragen bei Bäumen mittleren Alters 0,60 bis 1,00 Meter. Bei sehr alten Solitär-Bäumen kann der BHD auch 4,00 bis 9,00 Meter betragen. Es sind verschiedene Faktoren, welche einen maßgeblichen Einfluss auf die Stamm-Entwicklung haben. So entwickeln Linden im geschlossenen Bestand gerade, zylinderförmige und ast-freie Stämme, versehen mit einer hoch angesetzten Krone. Im Freistand, als Solitär-Baum, ist der Stamm zumeist kurz und dick und mit einer tief angesetzten Krone. Der wesentlichste Faktor jedoch, welcher die Stammbildung am markantesten beeinflusst, ist die Art der Vermehrung und der Anzucht. Während die generative Vermehrung durch Samen, vorwiegend gerade Stämme hervorbringt, entstehen bei der vegetativen Vermehrung durch Steckholz, Stämme mit vielen Wasser-Trieben und ausgeprägter Wurzelbrut. Die Folge des weiteren Wachstums sind, vorzeitige Vergreisung, Saft-Stockungen mit Kleb-Ästen, verdrehte und schwach wüchsige Stämme. Diese Bäume benötigen einen hohen Pflegeaufwand, vor allem, wenn sie im Straßenbereich angepflanzt wurden. Jährlich sind dann am Stamm Wasser-Reiser durch Schnittmaßnahmen zu beseitigen. Dies führt im Laufe von Jahren zu ausgeprägten Maser-Knollen. Desgleichen ist auch immer wieder die Wurzelbrut am Stammansatz zu entfernen. Ein weiterer Faktor, welcher das Stamm-Wachstum positiv wie negativ beeinflussen kann, ist die Baumpflege. Entfällt diese jedoch über einen längeren Zeitraum komplett, dann entstehen am Baum nicht wieder gut zu machende Schäden. Die anschließende Foto-Dokumentation zeigt u. a. auch Beispiele solcher Vernachlässigung.
Das Ast- und Zweigwachstum der Winterlinde erfolgt:
1. nach einem genetisch bedingten, sympodialen Verzweigungsmuster, d.h. nach dem Verlust der Endknospe eines Sprosses übernehmen zumeist Seitenknospen die Achsenverlängerung an den Zweigen. Diese übergipfeln den Mutterspross und setzen dann das artspezifische Verzweigungsmuster fort.
2. in Abhängigkeit von Standortfaktoren, Umwelteinflüssen, Alterung und Vitalität des Baumes, ergeben sich an Ästen und Zweigen eine Vielzahl interessanter Wachstumserscheinungen. Die nachfolgenden Fotos zeigen eine kleine Auswahl markanter Wachstumserscheinungen.
In Abhängigkeit von Standortfaktoren und Umwelteinflüssen können Linden ein hohes Alter von 900 bis zu 1200 Jahren erreichen. Dies drückt sich auch in dem Spruch „Dreihundert Jahre kommt sie, dreihundert Jahre steht sie und dreihundert Jahre geht sie“, aus. Dieses hohe Alter erreichen jedoch nur sehr wenige Bäume und im urbanen Bereich ist die Lebensdauer noch wesentlich geringer. Ausgehend von der Jugendphase bis hin zum Absterben des Baumes verändert sich in diesem Zeitraum das Aussehen des Ast- und Zweigwerks erheblich. Diese Veränderungen lassen sich grob in folgende Vitalitätsstufen* klassifizieren:
Vitalitätsstufe 0 Explorationsphase
Vitalitätsstufe 1 Degenerationsphase
Vitalitätsstufe 2 Stagnationsphase
Vitalitätsstufe 3 Resignationsphase
*Lit.-Quelle: Roloff, A., 2001 Baumkronen, Ulmer Verlag
Linden gehören zu den Reifholzbäumen, d.h. Kern- und Splintholz sind farblich kaum unterscheiden. Jahresringe treten nur sehr undeutlich in Erscheinung. Das Holz ist weißlich bis gelblich getönt und besitzt einen matten Glanz. Frisch geschlagen ist es leicht rötlich. Es ist leicht bis mittelschwer, weich und zäh. Seine Struktur ist fein und dicht. Es lässt sich gut bearbeiten und ist besonders für das Kunsthandwerk (Schnitzen, Drechseln und Bildhauern) bestens geeignet. Es ist nicht sehr witterungsbeständig, wenig dauerhaft und besitzt keine guten Festigkeitseigenschaften. Gegen Pilz- und Insektenbefall besteht eine große Anfälligkeit. Frisch geschlagenes Lindenholz hat einen arttypischen, aufgrund des Fettgehaltes. leicht ranzigen Geruch. Mit zunehmender Trocknung wandelt sich dieser in einen aromatischen Geruch.
Technische Daten |
Rohdichte 490-530 kg/m³ |
Druckfestigkeit 44 – 55 N/mm² |
Biegefestigkeit 90 -106 N/mm² |
Zugfestigkeit 85 N/mm² |
Brennwert 4,2 kWh/kg. |
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Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe: Rinde und Borke gleichwertig verwendet. Man versteht man darunter jenes Abschlussgewebe, welches sich zwischen dem Kambium und der Epidermis befindet. Dieses, im Laufe der Individualentwicklung entstandene Abschlussgewebe (Rinde) weist jedoch unterschiedliche Gewebestrukturen mit den verschiedensten Funktionen auf. Die Pflanzenanatomie unterscheidet zwischen einer Primären und einer Sekundären Rinde. Die Primäre Rinde ist bei jungen Trieben von der Epidermis und dem Leitbündelring begrenzt. Sie umfasst das dazwischenliegende Grundgewebe, dass sogenannte Rinden-Parenchym.
Unter Sekundärer Rinde versteht die Pflanzenanatomie die gesamten, beim sekundären Dickenwachstum, nach außen entwickelten Gewebestrukturen. Vom Kambium ausgehend sind dies: Bast und Borke. Die Borke ist somit ein Teil der Rinde und besteht fast ausschließlich aus abgestorbenem Material und besitzt für den Baum wichtige Schutzfunktionen. Sie schützt den Baum vor abiotischen (Regen, Schnee, Hagel, Hitze, Frost) und biotischen (Tiere, Pilze, Bakterien) Umwelteinflüssen. Farbliches Aussehen und Struktur verändern sich je nach Baumart, Alter und Standort erheblich. Mit zunehmendem Alter und dem fortschreitenden Dickenwachstum entsteht bei der Winterlinde zunächst eine glatte, rot bis grüne und danach eine grau bis schwarze, längsrissige Borke. Diese wächst sich dann zu einer grob strukturierten Netz-Borke aus. Eine Auswahl von Rinden-Fotos zeigt die große Vielfalt des Aussehens vom Jugend- bis ins Altersstadium.
Linden neigen sehr häufig zur Bastardierung. Dadurch gestaltet sich eine Artbestimmung, nur anhand von Blatt-Merkmalen, oftmals sehr schwierig. Die durch Bastardierung entstandenen Hybriden besitzen häufig in mehr oder weniger stark ausgeprägter Form die Merkmale beider Elternteile. Hinzu kommen noch gezüchtete Kultursorten mit ebenfalls abweichenden Blatt-Merkmalen. Auch die Blätter von Stockausschlägen und Wasserreisern unterscheiden sich in Größe, Form und Farbe oftmals erheblich von den Art-typischen Blatt-Merkmalen und erschweren ebenfalls eine genaue Bestimmung. Für eine exakte Artbestimmung sollten daher nur Blätter von mehrjährigen, älteren Trieb-Stücken Verwendung finden.
Keimblätter
Typische Blattmerkmale der Winterlinde
Die Ende Juni bis Mitte Juli blühende Winter-Linde ist von allen einheimischen Bäumen die am spätesten blühende Baumart. Sie ist zwittrig, d.h. die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane befinden sich in einer Blüte. Nur in sehr seltenen Fällen ist sie eingeschlechtlich. Der Blühbeginn kann, je nach geographischer Lage und Standort, um einige Tage variieren. Ab dem zehnten bis zum fünfzigsten Jahr setzt die Blühreife ein, danach erfolgt alle 2-4 Jahre eine volle Blüten- und Fruchtbildung. Der Blütenstand ist eine Trugdolde (Pleiochasie) mit 2 bis zu 15 Einzelblüten und einem, bis zu 8cm langen und 1,5cm breiten, häutigen, flügelartigen Hochblatt. Das grünlichgelbe netzaderige Hochblatt ist auf halber Länge mit dem Stiel verwachsen und dient als Flugorgan der späteren Früchte, wie auch der Anlockung von bestäubenden Insekten Die in Vollblüte intensiv duftenden Trugdolden entstehen aus den Blattachseln, an den im Frühjahr neu gebildeten Jahrestrieben.
Blütenformel: |
*, K5, B5, S (∞ F(2 bis∞) meist (5) |
* =Symmetriesymbol, K=Kelchblätter, B=Blütenkronblätter, S=Staubblätter, F=Fruchtknoten
Die Einzelblüten sind fünfzählig und freiblätterig. Sie setzen sich aus 5 Kelchblättern, 5 Blütenkronblättern, vielen Staubblättern (männlicher Blütenanteil) und dem Frucht-Knoten (weiblicher Blütenanteil) zusammen. Innerhalb der zwittrigen Blüte gelangen erst die männlichen, nachfolgend die weiblichen Blütenorgane zur Reife (Protandrie).
Blütenzweig mit Blättern , Blüten und Detailabbildungen
Blütenstand (Trugdolde, Pleiochasie) der Winter-Linde im Stadium der Vorblüte
Blühende Ast-Partien der Winter-Linde in Vor- und Vollblüte
Winter-Linde in Vollblüte
Bestäubung
Die Nektarien der Lindenblüten besitzen die Form von kleinen, mit Haarbüscheln bedeckten Grübchen. Sie befinden sich paarweise angeordnet an der Basis der Kelchblätter. Die einzelne Blüte öffnet sich zumeist nachmittags. Die maximale Absonderung des Nektars erfolgt am Abend und in der Nacht. Bestäuber sind vor allem Bienen, Hummeln, Schwebfliegen aber auch Motten. Sie werden durch den intensiven Blütenduft und die weißliche Färbung der Blüten und des Hochblatts angelockt und dienen den meisten tag- und nachtaktiven Insekten zur Orientierung. Eine Windbestäubung ist ebenfalls möglich. Nach der Pollenübertragung erfolgt die Fruchtbildung. Das Braunwerden der Blüte beginnt nach zirka 3 Tagen, damit ist der Blühvorgang abgeschlossen.
Nach Befruchtung der Blüte reifen ab September bis Oktober rundliche bis birnenförmige Nussfrüchte (Nüsschen) heran. Diese sind 5 bis 8 mm lang, anfangs grün und samtig behaart, später graubraun und kahl werdend. Die Schale ist dünnwandig, mit schwachen Rippen versehen und lässt sich leicht mit den Fingern zerdrücken. Im Innern der Schale befinden sich ein bis drei Samen. Das Hochblatt des gesamten Fruchtstandes bleibt erhalten und dient als Flugorgan der Verbreitung. Die Verbreitung durch den Wind kann bis zu 64 Meter betragen. Als sogenannte Wintersteher können die reifen Früchte noch einige Wochen oder Monate an den Zweigen bis in das Frühjahr verbleiben.
Wulstiger Lackporling, (Ganoderma adspersum)
Durch unachtsames Rasen-Mähen verursachte Stammschäden mit Rindenverletzungen.